Das Radfahren stellt eine schnelle, gesunde und klimafreudliche Art der Mobilität auf kurzen und mittleren Strecken dar.1 Gleichzeitig ist es eine ressourcen- und platzsparende Möglichkeit zur individuellen Mobilität und senkt die Lärm- und Schadstoffemissionen sowie den Flächenverbrauch.¹ Im Vergleich zum motorisierten Verkehr schont das Fahrrad auch den Geldbeutel deutlich.2
In Marburg werden 51% der Wege zwischen 3-5 km und 71% der Wege zwischen 5-10 km mit dem PKW zurückgelegt.3 Diese Strecken kann man gut und oft sogar schneller mit dem Fahrrad oder E-Bike zurücklegen.4 Durch die zunehmende Nutzung von E-Bikes lassen sich auch Marburgs Steigungen mit Leichtigkeit zurücklegen. Das Potential, mehr Menschen zum Umsteigen auf das Fahrrad zu motivieren, ist also groß!
Was ist das Ziel von Move35 hinsichtlich des Radverkehrs?
Radwegenetz aktuell…
… und bis 2035
Aktuell beträgt der Radverkehrsanteil an den in Marburg zurückgelegten Wegen 11%. Bis 2035 soll und kann dieser Anteil auf 20% erhöht werden.³ Dies wird nicht nur zur Entlastung der Kernstadt und zum Klimaschutz beitragen. Wenn mehr Menschen auf das flächeneffiziente Fahrrad wechseln, führt das auch zu weniger Verkehrsstaus in Marburg, was wiederum denjenigen, die auf das Auto angewiesen sind, zugutekommt.
Ein gesamtstädisches, durchdachtes Radverkehrsnetz ist eine grundlegende Voraussetzunge, um mehr Menschen die Mobilität mit dem Fahrrad zu ermöglichen. Entsprechend viele Menschen in Marburg wünschen sich in einer Umfrage im Jahr 2020 auch mehr und sicherere Radwege.³
Außerdem soll ein Ausbau von Abstellmöglichkeiten für Fahrräder das Abschließen komfortabler und sicherer machen und so das Radfahren weiter ansprechend gestalten.
Welche Verbesserungen soll es für Radfahrende geben?
Derzeit findet sich Radinfrastruktur vornehmlich in der Kernstadt. Insbesondere ausserhalb der Kernstadt ist das Radwegenetz lückenhaft. Mit der Umsetzung von Move35 wird es ein ausgeweitetes und nach klar definierten Qualitätskriterien ausgebautes Radverkehrsnetz geben, das RadfahrerInnen ermöglicht, alle Ziele zuverlässig, schnell und bequem zu erreichen.
Besonders die Stadtteile außerhalb der Kernstadt werden eine wesentlich verbesserte Anbindung untereinander, zu den großen Arbeitgebern und zur Kernstadt selbst erhalten. Der Radverkehr wird dort von Schnellstraßen getrennt geführt, um ein hohes Maß an Sicherheit zu ermöglichen.
Ein zentraler Bestandteil zur Förderung des Radverkehrs wird ein Radschnellweg entlang der Nord-Süd-Achse Marburgs sein. Dieser ermöglicht es, wichtige Ziele (z. B. Universität, Einzelhandel, Bahnhöfe) in Marburg sowie auch umliegenden Gemeinden schnell mit dem Fahrrad zu erreichen. Um Konflikte mit FußgängerInnen und dem motorisiertem Individualverkehr zu vermeiden, wird der Radschnellweg separat geführt. Damit ergibt sich eine bessere und getrennte Streckenführung für den Radverkehr, der sich üblicherweise durch das viel befahrene Hauptverkehrsnetz bewegt.
Eine verbesserte Anbindung der Bereiche östlich und westlich der Kernstadt erleichtert es Pendler*innen und Studierenden, bequem mit dem Fahrrad zu den großen Arbeitgebern und zur Universität auf den Lahnbergen zu gelangen. In der Kernstadt werden die Lücken im Radverkehrsnetz konsequent und systematisch geschlossen.
Bereits existierende Radwege werden an die neuen Standards angepasst, um auch im hektischen Stadtverkehr stressfrei mit dem Rad ans Ziel zu kommen. Besondere Aufmerksamkeit wird den Radwegen zu Schulen geschenkt, um sie im Einklang mit den Bedürfnissen der Schüler*innen zu gestalten.
In den folgenden Bildern wird deutlich, wie das zukünftige Radwegenetz ausgestaltet sein soll. In hellgrün ist der geplante Radschnellweg eingezeichnet.
Sicherheit durch fehlerverzeihende Infrastruktur
Eine wichtige Aufgabe der Verkehrsplanung ist es, die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden zu gewährleisten. Besonders Radfahrer*innen und Fußgänger*innen sind einem erhöhten Verletzungsrisiko ausgesetzt, da sie im Falle eines Unfalls kaum über Schutz verfügen. Auch kann die Angst vor Unfällen ein Hemmnis sein, das Rad zu nehmen oder zu Fuß unterwegs zu sein. Mit der Vision Zero – dem Ziel von null Schwerverletzten und Toten im Verkehr – richtet sich die Verkehrspolitik der Stadt besonders auf die Sicherheit von Fußgänger*inne und Radfahrer*innen aus.
In Marburg ist die Anzahl der Verkehrsunfälle in der Vergangenheit leicht gestiegen. Die meisten dieser Unfälle ereigneten sich in der Kernstadt und auf Hauptverkehrsstraßen, wo die Vielzahl an Nutzungen auf begrenztem Raum oft zu einer unübersichtlichen Verkehrssituation führt.³ Dabei sind Unfälle oft das Resultat menschlicher Fehler. Die Ausgestaltung der Infrastruktur entscheidet darüber, ob diese Fehler stattfinden oder schwerwiegende Folgen haben5, weshalb die Infrastruktur fehlerverzeihend umgestaltet werden soll.
So können reduzierte Geschwindigkeiten Unfälle verhindern oder Unfallfolgen deutlich mindern³. Das Parken wird teilweise in Parkhäuser verlagert, was die Übersichtlichkeit im Straßenraum erhöht. Der neu gewonnene Raum wird genutzt, um gefährliche Kreuzungen so zu gestalten, dass sich durch gute Sichtverhältnisse alle Verkehrsteilnehmenden rechtzeitig gegenseitig wahrnehmen und angemessen reagieren können.
Auch wird es für alle Verkehrsteilehmenden übersichtlicher, wenn weniger Autos auf den Straßen unterwegs sind. So erhöht die angestrebte Reduzierung des motorisierten Individualverkehrs weiter die Sicherheit von Radfahrerinnen und Radfahrern.
Damit die Verbesserungen für Radfahrende ihre volle Kraft entfalten können, müssen also alle angestrebten Maßnahmen im Rahmen von MoVe35 umgesetzt werden. Denn die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmenden wird am besten gewährleistet, wenn Menschen gerne vom Auto auf Bus, Bahn, Fahrrad oder auf das zu Fuß gehen umsteigen! Daher stimmen wir mit „ja“ beim Bürger*innenentscheid!
Zum Nachlesen:
Endbericht – MoVe35 Mobilitäts- und Verkehrskonzept 2035; aufrufbar unter: https://www.marburg.de/portal/seiten/move-35-marburg-bewegen-900002325-23001.html
Quellen:
- World Health Organization. (2022). Walking and cycling: latest evidence to support policy-making and practice. Aufrufbar unter: https://iris.who.int/handle/10665/354589 ↩︎
- Gössling, S., Kees, J., & Litman, T. (2022). The lifetime cost of driving a car. Ecological Economics, 194, 107335. ↩︎
- Endbericht – MoVe35 Mobilitäts- und Verkehrskonzept 2035. Abrufbar unter: https://www.marburg.de/portal/seiten/move-35-marburg-bewegen-900002325-23001.html ↩︎
- Umweltbundesamt (Aufgerufen am 01.04.2024): Radverkehr https://www.umweltbundesamt.de/themen/verkehr/nachhaltige-mobilitaet/radverkehr#gtgt-schnell ↩︎
- Gerlach, J. (2020). Sicher planen im Bestand: ein aktueller Überblick zur Gestaltung von Stadtstraßen unter Verkehrssicherheitsaspekten. Straßenverkehrstechnik, 64(10). ↩︎